In den 1950er Jahren gab es viel zu rechnen beim Eidgenössischen Militärdepartement. Das Lohnwesen, die Lagerbuchhaltung, die Betriebsbuchhaltung und zahlreiche andere rechenintensive Aufgaben liefen durch die mechanischen Lochkartenanlagen des EMD. Gegen Ende des Jahrzehnts zeigte sich jedoch, dass stetig mehr Rechenkapazitäten benötigt wurden. Statt zusätzlicher mechanischer Rechenanlagen sollte erstmals ein elektronischer Computer beschafft werden.
Am 8. Februar 1963 gab der Bundesrat dem EMD grünes Licht für die Beschaffung eines elektronischen Grossrechners. Die Kosten des Modells IBM 1401 beliefen sich auf stolze 1'325'000 Franken, was heute ungefähr dem achtfachen Wert entspricht. Im selben Jahr wurde der aus den USA eingeflogene Rechner in Betrieb genommen – die Nutzung seines Potenzials liess nicht lange auf sich warten.
Elektronische Grossrechner eröffneten auch in der Geodatenproduktion neue Möglichkeiten. Im Eidgenössischen Militärdepartement hatte man dies sofort erkannt: Der IBM 1401 sollte genutzt werden, um das erste digitale Geländemodell der Schweiz zu erstellen. Wie ein Oberst im Generalstab 1966 betonte, sollte das auf den Namen RIMINI getaufte Projekt «das Relief der Schweiz in Bezug auf Höhen, Koordinaten usw. numerisch erfassen». Die Schweizer Landschaft sollte in computertauglicher Zahlenform beschrieben werden – sie wurde also erstmals digitalisiert. Doch warum?
Das Projekt RIMINI entstand aufgrund eines konkreten Bedrohungsszenarios. Angesichts der zweiten Berlinkrise (1958-1961), der Kongokrise (1960-1965) sowie der Kubakrise (1962) war die Furcht Mitte der 1960er Jahre gross, dass aus dem Kalten Krieg ein heisser Krieg werden könnte. Die Schweizer Armee wollte Lücken in ihrer Verteidigungsfähigkeit vermeiden, doch solche existierten durchaus: Aufgrund unvollständiger Radarabdeckung hätten tieffliegende Kampfflugzeuge vielerorts unerkannt in den Schweizer Luftraum eindringen können – das sogenannte «Tieffliegerproblem» musste gelöst werden.
Um feindliche Tiefflieger rechtzeitig zu erkennen, mussten die Radarstationen des Landes optimal platziert werden. Jede Radarstation konnte eine bestimmte Fläche abdecken, die durch die maximale Reichweite der Funkwellen sowie durch den Radarhorizont begrenzt war. Ein digitales Geländemodell wie RIMINI half dabei, diese Flächen zu berechnen und auf dieser Grundlage zu ermitteln, wie man mit einem Minimum an Radarstationen ein Maximum an Radarabdeckung erreichen konnte.
"Um die Errichtung von Radarstationen oder Richtstrahlern systematisch studieren zu können, sind wir auf eine genaue Wiedergabe des Reliefs der Schweiz angewiesen. Wir haben uns entschlossen, die Topographie der Schweiz unter numerischer Form wiederzugeben […]."
- Ein Major der Generalstabsabteilung im Juni 1966 (anonymisiert)
Mathematisch geschulte WK-Soldaten und die Firma Sulzer begannen im Frühjahr 1965 damit, die Architektur des Geländemodells zu erarbeiten. Im Herbst des Jahres wurde das mathematische Modell, das die Basis von RIMINI bildete, als anwendbar beurteilt, und die Erstellung der Programme zur Datenverarbeitung war ebenfalls abgeschlossen.
Im Juni 1966 versandte das EMD ein Rundschreiben an die Gruppe der Freierwerbenden des Schweizerischen Vereins für Vermessungswesen und Kulturtechnik. Man lud 60 Geometer zum «Wiederholungskurs Rimini» ein, der im Januar 1967 begann. Die WK-Soldaten hatten eine Herkulesaufgabe zu erledigen: Sie legten ein Zentimeterraster über die Landeskarte 1:25 000 (LK25) und ermittelten für jeden Rasterpunkt Lage und Höhe. In den meisten Fällen lagen die Rasterpunkte nicht exakt auf einer Höhenlinie oder -kote, weshalb die Werte interpoliert wurden.
Auf jedem Blatt der LK25 mussten 3479 Punkte (71x49) in Lage und Höhe bestimmt werden. Nur bei Blättern, die auch ausländisches Territorium enthielten, waren es weniger. In Gebieten, für die noch keine LK25 vorlag – die Erstausgabe dieser Massstabsreihe war erst 1979 abgeschlossen – mussten die Geometer mit der Landeskarte 1:50 000 arbeiten.
Mehrere RIMINI-Wiederholungskurse waren 1967/68 nötig, um diese immense Arbeit abzuschliessen. Das Resultat war ein schweizweites Punkteraster mit 250 Metern Maschenweite. Um die erarbeiteten Daten schliesslich auf Lochkarten zu übertragen, wurden ebenfalls WK-Soldaten eingesetzt, ausgelesen wurden die Lochkarten im Rechenzentrum der Privatfirma Leupin in Bern sowie im Rechenzentrum EMD. 1968 war das erste digitale Geländemodell der Schweiz fertiggestellt.
Mit RIMINI wurden die Höhen der Schweiz erstmals flächendeckend in computertauglicher Form ausgedrückt und gespeichert. Zwar übernahm die Landestopografie das Geländemodell 1992 in ihren Produktekatalog und vertrieb es an die Nutzer, am Pionierprojekt selbst war sie in den 1960er Jahren jedoch nicht beteiligt. Dafür lassen sich in den historischen Quellen zwei Gründe finden: Zum einen war das Amt mit der Erstausgabe und Nachführung der Landeskarte stark ausgelastet, zum anderen fehlten bei der Landestopografie wichtige Hilfsmittel wie elektronische Koordinatenleser, die das Büro Leupin bereitstellen konnte.
Für knapp zwanzig Jahre nach seiner Fertigstellung war RIMINI das einzige digitale Geländemodell der Schweiz. Dies änderte sich zwischen 1984 und 1996, als die Landestopografie ein Geländemodell mit 25 Metern Maschenweite (DHM25) erstellte. Wie RIMINI wurde es aus analogen Karten abgeleitet. Das aktuelle Höhenmodell von swisstopo, swissALTI3D, weist eine Maschenweite von 0.5 Metern auf. Es wird aus landschaftsbasierten Messwerten abgeleitet und regelmässig nachgeführt.
Die massiven Fortschritte im Bereich Höhen- und Geländemodelle zeigen, wie wichtig diese Produkte für eine Vielzahl von zivilen und militärischen Anwendungen sind. Der erste Vorstoss in die digitale Landschaftsbeschreibung mit RIMINI ist deshalb umso bedeutsamer.