Die ersten auf einem amtlichen Kartenblatt eingetragenen Skirouten zum Allalinhorn. Ausschnitt aus dem Kartenblatt «Mischabel» von 1956. Kartensammlung swisstopo, LT LK 284 S 1956.
1950 publizierte die Landestopografie die ersten Karten für Skitouren. Wie dies mit der Réduitstrategie zusammenhing, erfahren Sie hier.
Mit den ab 1863 vom Schweizerischen Alpen Club (SAC) in Zusammenarbeit mit der Landestopografie publizierten Exkursionskarten verfügte der Sommeralpinismus bereits früh über exaktes Kartenmaterial für Bergexpeditionen. Im Gegensatz dazu erschien die erste amtliche Skiroutenkarte 1950 vergleichsweise spät. Was waren die Gründe, dass es beinahe 90 Jahre dauerte, bis auch der Winteralpinismus auf Spezialkarten der Landestopografie zurückgreifen konnte?
Die Landestopografie publizierte im April 1950 mit dem Blatt 283 «Arolla» und im November mit Blatt 262 «Rochers de Naye» die ersten beiden Skiroutenkarten des Amtes. Diese waren das Resultat einer Zusammenarbeit mit dem Schweizer Skiverband (SSV). Als Grundlage diente die Landeskarte im Massstab 1:50 000. Die Skirouten wurden mit roten Linien eingezeichnet. Die Kartenblätter kamen so in 6 Farben daher. Strassen, Wege, Bahnen, Häuser, Fels, Geröll, Waldränder, Namen und das Kilometernetz wurden in schwarz, Gewässer, Gletscher, Seen, Hochspannungsleitungen in blau, Höhenkurven, Böschungen, Skilifte in braun, Waldflächen in grün, Reliefschummerungen in grau und der Sonnenton in hellgelb gestaltet. Unterkünfte und Lifte mit Mastensignatur verfügten ebenfalls über rote Kreise. Aufstiege erhielten eingeklammerte Nummern und Abfahrten eckige Klammern. Die Rückseiten verfügten über Informationen zu Hütten und Routen. Erst im Folgejahr (1951) schloss die Landestopografie mit dem SSV einen offiziellen Vertrag, welcher die Landestopografie zur Herstellung von Skiroutenkarten und den SSV zur Lieferung der Vorlagen für den Routendruck verpflichtete. Ab 1961 nutzte die Landestopografie das strapazierfähige Syntosil-Papier und publizierte bis 1963 15 Blätter. Doch erschienen die amtlich produzierten Blätter zu einem vergleichsweise späten Zeitpunkt, denn bereits im 19. Jahrhundert wurden Gipfel mit Skiern bestiegen.
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swisstopo historic begleitet diesen Artikel auf Wikimedia. Dort finden Sie ein Dossier mit 12 Skiroutenkarten, die Sie in hoher Qualität frei herunterladen können.
Die technische Entwicklung von Fellen, Bindungen, Harscheisen und Skis ermöglichte ab den 1880er Jahren die Begehung von hochalpinen Gebieten im Winter. Dem Arzt und Alpinisten Oscar Schuster gelang am 23. März 1898 mit der Besteigung der Dufourspitze die erste erfolgreiche Skitour auf einen Viertausender. Die vom britischen Alpine Club 1861 ausgelegte Sommerroute «The High Level Route» wurde 1903 erstmals von einer französischen Seilschaft als «Haute Route» mit Skiern absolviert. Eine breitere Bevölkerungsschicht erlernte erstmals in den Gebirgstruppen ab 1911 den Umgang mit Skis. Doch geeignetes Kartenmaterial war noch nicht wirklich verfügbar. Wie Kartenhistoriker Martin Rickenbacher festhält, publizierte Kümmerly & Frey 1904 und 1912 eine erste gedruckte Karte mit von Hand eingezeichneten Routen. Der SAC folgte 1922 mit der «Skikarte Berneroberland». Die amtliche Kartografie hatte sich dem Thema zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewidmet. Auf welche Umstände war die Zurückhaltung von Landestopografie und SAC zurückzuführen?
Ein Grund für die frühe Förderung von Exkursionskarten für den sommerlichen Gebrauch und die Zurückhaltung bezüglich Skiroutenkarten dürfte in der Ausrichtung des SAC im ausgehenden 19. Jahrhundert liegen. Das Hauptziel des Clubs lag in der wissenschaftlichen Erschliessung des Alpenraums. Für diese Unternehmungen dienten die herkömmlichen Exkursionskarten. Der Club orientierte sich an Naturforschern wie Horace Bénédict de Saussure, Edouard Desor und Franz Joseph Hugi, während der Alpine Club sich eher den sportlichen Aspekten und der Kletterelite widmete. Die Herausgabe von Skiroutenkarten hatte wohl deshalb keine Priorität für den SAC. Erst später, mit der Popularisierung des Skifahrens, rückten sportliche Freizeitaktivitäten in den Vordergrund des Vereins. Doch wie und wann kam es zu diesem Paradigmenwechsel?
Henri Guisans Formulierung der Réduitstrategie und Fokussierung auf das Hochgebirge 1940 verlieh dem Skifahren enormen Auftrieb. Nicht nur lernten Soldaten das Skifahren, sondern passte die Aktivität laut Andrej Abplanalp gesamthaft in die Geistige Landesverteidigung. Jugendskilager erfüllten demnach einen wirtschaftlichen Zweck und sollten die Abwehrkraft der Schweiz stärken. Für Guisan soll Skifahren «Sinnbild für den eidgenössischen Widerstand» gewesen sein. Diese Definition des Skisports dürfte dann auch in die Nachkriegszeit und Zeit des Kalten Krieges gewirkt haben. Das Militär organisierte mit der Patrouille des Glaciers ab 1943 einen spezifischen Skitouren-Wettkampf. In diesem gesellschaftlich-politischen Kontext wurde dann auch die Produktion von Skiroutenkarten eine Aufgabe der amtlichen Kartografie.
Die Landestopografie schloss mit dem SSV 1979 einen neuen Vertrag und hatte bis 1991 für den gesamten Schweizer Alpenraum Skiroutenkarten produziert. Ab 1977 bildeten die Karten identische Routennummern wie der SAC-Führer ab und beschränkten allgemeine Angaben in Abstimmung mit den SAC-Führern auf das Wesentliche. Dafür wurden ab dem Jahr 2000 auf den nun «Skitourenkarten» genannten Blätter schützenswerte Gebiete mit einem roten Flächenton und mit rotvioletter Farbe Hangneigungen von über 30 Grad eingezeichnet. Hinzu kamen Texte zu Nothilfe, Wildschutz und Lawinengefahr. Ab 2005 beteiligte sich auch der SAC an der Herausgabe der Karten. Zusätzlich werden auf den modernen, ab 2013 «Schneeschuh- und Skitourenkarten» genannten Blätter auch Schneeschuhrouten eingezeichnet. Seit dem Frühjahr 2016 sind die Schneesportrouten auch online im Geoportal des Bundes verfügbar. Zusätzlich zu den im Massstab 1:50 000 publizierten und ab 2019 «Schneesportkarten» genannten Blätter sind die Schneesportrouten heute auch über die swisstopo-App abrufbar und sind wichtiger Bestandteil des vielfältigen Angebots von swisstopo.